Wie wirkt sich die Corona-Krise auf Betriebsratsarbeit aus? Online-Gespräch mit Betriebsrät*innen aus Rendsburg-Eckernförde, Nordfriesland und Lübeck

Gemeinsam mit meiner Kollegin Kerstin Tack, Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit und Soziales, habe ich mich online mit Betriebsrät*innen und Gewerkschaftsmitarbeiter*innen aus Rendsburg-Eckernförde, Nordfriesland und Lübeck ausgetauscht.

Bild: Team Rix

Die teilnehmenden Betriebsrät*innen haben unter anderem die Sorge geäußert, dass Betriebsvereinbarungen in der Krise oft „mit heißer Nadel gestrickt“ werden mussten. Das betrifft besonders den Bereich des Homeoffice. Kerstin Tack erklärte, dass die kurzfristigen Regelungen nach der Pandemie nicht zur Dauerlösung ohne Rechtsgrundlage werden dürften. Dennoch seien sie notwendig, um Arbeit in der Pandemie kontaktarm zu halten. Betriebe dürften keine Arbeitsplätze abbauen und Beschäftigte gegen ihren Willen im Homeoffice belassen, um langfristig Betriebskosten einzusparen. Außerdem hätten Arbeitgeber*innen den Arbeitsschutz weiterhin zu gewährleisten, auch wenn von zu Hause aus gearbeitet werde.

Auch die psychische Belastung, die die Pandemie für Beschäftigte – und letztendlich aktuell für alle Menschen – mit sich bringt, wurde in dem Gespräch thematisiert. Ich habe in diesem Zuge die COPSY-Längsschnittstudie angesprochen, die die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Krise untersucht. Die Studie zeigt eine Kettenreaktion: Eine Belastung der Eltern führe oftmals auch zu einer Belastung ihrer Kinder. In einer Debatte um Arbeit im Homeoffice halte ich es auch für wichtig, daran zu denken, dass ein Recht auf Homeoffice mit einem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung verbunden sein muss. Denn es kann nicht erwartet werden, dass Eltern, die von zu Hause aus arbeiten, gleichzeitig ihre Kinder betreuten.

Jens Hirzig von der Euroimmun Medizinische Labordiagnostika AG Lübeck berichtete in der Runde von der Neugründung des Betriebsrats mitten in der Pandemie: „Die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen und eine Briefwahl für 2000 Mitarbeiter*innen zu organisieren, war höchst kompliziert.“ Kerstin Tack sprach daraufhin das Betriebsrätemodernisierungsgesetz an, das am 6. Mai in erster Lesung im Deutschen Bundestag behandelt wurde. Das Gesetz soll Betriebsratswahlen in kleinen Unternehmen vereinfachen und den Initiatorenschutz von Arbeitnehmer*innen bei der Gründung eines Betriebsrats erhöhen.

Mitbestimmung, Qualifizierung und Weiterbildung waren Schwerpunkte dieser Legislaturperiode. Die Corona-Krise machte jedoch viele Notgesetze erforderlich. „Während der Pandemie waren zu Spitzenzeiten über sechs Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit, aktuell sind es noch über zwei Millionen Menschen“, berichtete Kerstin Tack. Das Kurzarbeitergeld ist für viele Beschäftigte eine große Hilfe, aber, so der Betriebsrat der Stadtwerke Schleswig-Holstein Jürgen Augustin, „gerade bei niedrigen Lohngruppen macht sich das Fehlen von Schichtzulagen und ausbezahlten Überstunden schmerzlich bemerkbar“. Die Forderung eines Mindestkurzarbeitergeldes seitens der Gewerkschaften Verdi und IG BAU ließ sich mit der Union nicht umsetzen. Ebensowenig wie das Bestreben, das aufstockende Kurzarbeitergeld bei den Überbrückungshilfen förderfähig zu machen.

Am 9. Mai hat die SPD ihr Zukunftsprogramm zur Bundestagswahl verabschiedet. Die Arbeit am Wahlprogramm ist in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften erfolgt. Die SPD möchte die Möglichkeit vereinfachen, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, damit sie für alle Beschäftigten und Arbeitgeber*innen in einer Branche gelten. Auch die Befristung von Arbeitsverhältnissen ohne einen Sachgrund soll abgeschafft und die vom Gesetz akzeptierten Gründe für eine Befristung kritisch überprüft werden. „Wer starke Arbeitnehmer*innenrechte will, muss für eine entsprechende Mehrheit stimmen“, so Kerstin Tack. Details lassen sich auch dem Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion „Mehr Mitbestimmung und mehr Teilhabe – 100 Jahre Betriebsverfassung und Schwerbehindertenrecht“ entnehmen.